Die 7 wichtigsten Heine-Stätten in Düsseldorf: Vergnüglicher Rundgang auf Heinrich Heines Spuren
Heinrich Heine kletterte als Knabe gern auf das berühmte Jan-Wellem-Denkmal. Foto: SP
Düsseldorf, die Stadt am Rhein, ist eine der wenigen Städte, die Heinrich Heine, der berühmte Dichter und scharfsinnige Beobachter seiner Zeit, positiv in Erinnerung behielt. Auf den Spuren seiner frühen Jahre gibt es in Düsseldorf zahlreiche Orte zu entdecken, die von Heines Leben erzählen – von seinem Geburtshaus über die Schule, in der er seine erste Prügel kassierte, bis hin zum Heinrich-Heine-Institut, in dem sein Werk heute lebendig gehalten wird. Dieser unterhaltsame Spaziergang führt Sie zu sieben wichtigen Sehenswürdigkeiten, die sich ideal an einem Tag und zu Fuß erkunden lassen. Entdecken Sie Düsseldorf aus Heines Sicht und erleben Sie die Stadt seiner glücklichen Kindheit!
1. Hier fing alles an: Heinrich Heines Geburtshaus
Heinrich Heine ist ein Kind der Düsseldorfer Altstadt, vermutlich erblickte er am 13. Dezember 1797 als Harry Heine das Licht der Welt. Hier lebte die sechsköpfige Familie und nur wenige Straßen weiter die mütterliche Verwandtschaft. Ob Harry und seine Geschwister Charlotte, Gustav und Maximilian im Vorder- oder im Hinterhaus geboren wurden, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Sicher ist nur, dass seine Eltern Betty und Samson Heine die Wohn- und Geschäftsräume von einer Verwandten der mütterlichen Familie, der Witwe Gütchen van Geldern, mieteten.
Im Vorderhaus führte Heines Vater von 1797 bis 1809 ein Geschäft mit exklusiven Modeartikeln aus England, bevor die Familie das gegenüberliegende Wohnhaus erwarb und dort bis 1819 lebte. Beide Häuser wurden im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und wieder aufgebaut. Das „Heine-Haus“ in der Bolkerstraße 53 ziert eine Gedenktafel von Wilhelm Hoselmann aus dem Jahr 1947, die vom Heimatverein der „Düsseldorfer Jonges“ gestiftet wurde.
Heines Geburtshaus hat eine bewegte Geschichte mit wechselnden Eigentümern, der ich einen eigenen Blogbeitrag gewidmet habe. Heute beherbergt das „Heine-Haus“ die Literaturhandlung Müller & Böhm. Im Lesesaal erinnern noch einige Backsteine an die ursprüngliche Bebauung, die Toiletten befinden sich in der ehemaligen Backstube der Bäckerei Weidenhaupt, dessen Besitzer noch heute dort wohnt.
Pikant ist, dass schon der 30-jährige Heinrich Heine sein Geburtshaus als Gedenkstätte vor Augen hatte und schrieb:
Dieses Haus wird einst sehr merkwürdig sein seyn, und der alten Frau, die es besitzt, habe ich sagen lassen, daß sie bey Leibe das Haus nicht verkaufen solle. Für das ganze Haus bekäme sie jetzt doch kaum so viel wie schon allein das Trinkgeld betragen wird, das einst die grünverschleyerten, vornehmen Engländerinnen dem Dienstmädchen geben, wenn es ihnen die Stube zeigt, worin ich das Licht der Welt erblickt (…)
Heinrich Heine: Ideen. Das Buch Le Grand (1826)
2. Besser als nichts: Heinrich-Heine-Büste als Ersatzdenkmal
In der Nachbarschaft des späteren Wohnhauses der Familie Heine in der Bolkerstraße 42 weihte der Dichter Herbert Eulenberg 1913 in der traditionsreichen Gaststätte „Im Goldenen Kessel“ eine Heine-Büste von Emil Jungblut ein, die er als „Käfigdenkmal“ bezeichnete. Denn öffentliche Heine-Denkmäler waren im damaligen Deutschland politisch nicht möglich und jeder Versuch hart umkämpft. Statt an prominenter Stelle im Hofgarten fand der streitbare Dichter ein lauschiges Plätzchen in der Altstadt.
Die Heine-Ecke im Brauhaus hat die Zeiten überdauert. Hier kann man gemütlich einkehren und ein Altbier mit Heine trinken:
Ich werde hier sehr ernsthaft, fast deutsch; ich glaube das thut das Bier.
Heinrich Heine: Brief an August Varnhagen van Ense, München 1. April 1828
3. Schreibversuche und fantastische Vorfahren: Das Haus seines Onkels Simon van Geldern
In dem kleinen Haus „Arche Noah“in der Mertensgasse 1 wurde Heines Mutter Betty geboren. Als Harry Heine dort auf dem Dachboden spielte, gehörte es ihrem Bruder Simon van Geldern. Er war ein Sonderling mit schriftstellerischen Ambitionen. Onkel Simon begleitete Heines erste Schreibversuche und unterstützte ihn nach Kräften. Schon bald entwickelte Harry sein dichterisches Talent. Man kann also mit Fug und Recht behaupten: Heines Dichterherz wurde in der Düsseldorfer Altstadt geöffnet.
Er beschenkte schon den Knaben mit den schönsten kostbarsten Werken, er stellte zu meiner Verfügung seine eigne Bibliothek, die an klassischen Büchern und wichtigen Tagesbroschüren so reich war und er erlaubte mir sogar auf dem Söller der Arche Noae in den Kisten herumzukramen, worin sich die alten Bücher und Skripturen des seligen Großvaters befanden.
Heinrich Heine: Memoirenfragment (1854)
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Bis 1997 übernachteten hier die Gäste des „Hotel Esser“. Danach zog die Geschäftsstelle der „Düsseldorfer Jonges“ in das kleine Häuschen ein. In Heines Erinnerungen steht das Haus für die Welt der Bücher und der Vorfahren.
Auf dem Dachboden fand er das Tagebuch seines verstorbenen Großonkels Simon van Geldern, ebenfalls ein Gelehrter, der große Reisen in den Nahen Osten unternahm und dessen Lebensgeschichte den kleinen Harry Heine stark beeindruckte. Dieser Großonkel war das schwarze Schaf der Familie mütterlicherseits und wurde der „Morgenländer“ genannt. Heine war von ihm fasziniert, und seine kindliche Phantasie träumte von all den Reisen des bewunderten Mannes.
4. Sehr kunstliebend: Das Jan-Wellem-Denkmal
Auf dem Marktplatz kletterte Harry mit seinen Klassenkameraden und Nachbarskindern auf das berühmte Reiterdenkmal des Kurfürsten Johann Wilhelm II., der unter anderem Herzog von Jülich-Berg war. Er wurde 1658 im Düsseldorfer Stadtschloss geboren und gilt als volkstümlicher Monarch, obwohl er dem Absolutismus nahestand. Die Düsseldorfer nennen ihn liebevoll „Jan-Wellem“. Unter seiner Herrschaft blühte die Stadt auf, erhielt Straßenbeleuchtung, ein Theater und eine weithin beachtete Gemäldegalerie, die auch Goethe lobte. Übrigens gibt es auch im benachbarten Köln ein Jan-Wellem-Denkmal.
Heine charakterisierte den Kurfürsten so:
(…) und wenn jetzt die grünverschleyerten, vornehmen Engländerinnen nach Düsseldorf kommen, so lassen sie das berühmte Haus noch unbesichtigt und gehen direct nach dem Marktplatz, und betrachten die dort in der Mitte stehende, schwarze, kolossale Reuterstatue. Diese soll den Kurfürsten Jan Wilhelm vorstellen. Er trägt einen schwarzen Harnisch, eine tiefherabhängende Allongeperücke (…)
Heinrich Heine: Ideen. Das Buch Le Grand (1826)
Er soll ein braver Herr gewesen seyn, und sehr kunstliebend, und selbst sehr geschickt. Er stiftete die Gemäldegallerie in Düsseldorf, und auf dem dortigen Observatorium zeigt man noch einen überaus künstlichen Einschachtelungsbecher von Holz, den er selbst in seinen Freystunden – er hatte deren täglich vier und zwanzig – geschnitzelt hat.
5. Erste Prügel: Heine als Schüler der Maxschule
Von der Altstadt aus ist die Carlstadt in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen. Unterwegs erfahren Sie, wie kurz die Wege für Heinrich Heine in seiner Düsseldorfer Heimat waren. Harry Heine ging in der Düsseldorfer Carlstadt zur Schule, die heute das Kulturviertel Düsseldorfs bildet. Er besuchte die Vorläufer der Maxschule und des Maxhauses. Neben den biographischen Bezügen ist die Carlstadt auch ein Ort der Heine-Erinnerung, der Ausstellung und der Forschung im nahe gelegenen Heinrich-Heine-Institut.
Heines Mutter Betty schickte ihren ältesten Sohn im Alter von sieben Jahren in die „2. Teutsche Normalschule auf der Citadelle“, eine katholische Volksschule unter der Leitung des gefürchteten Prügelpaters Bernhard Dickerscheid. Wegen seiner jüdischen Herkunft machte Harry dort viele unangenehme Erfahrungen mit Mitschülern und Lehrern. Übrigens: Die erste „Normalschule“ befand sich in der Nähe der Lambertuskirche.
In seinen Memoiren berichtet Heinrich Heine, wie er eines Tages seinen Mitschülern freudig mitteilte, dass sein Großvater ein kleiner Jude gewesen sei und einen langen Bart gehabt habe. Diese Mitteilung brachte die Klasse völlig aus der Fassung. Der kleine Harry wurde als Verursacher des Spektakels identifiziert und erhielt eine Tracht Prügel, die er sein Leben lang nicht vergaß.
Es waren die ersten Prügel, die ich auf dieser Erde empfing und ich machte bey dieser Gelegenheit schon die philosophische Betrachtung, daß der liebe Gott, der die Prügel erschaffen, in seiner gütigen Weisheit auch dafür sorgte, daß derjenige, welcher sie ertheilt, am Ende müde wird, indem sonst am Ende die Prügel unerträglich würden.
Heinrich Heine: Memoiren (1854)
6. Zuviel Latein: Heine als Schüler des Görres-Gymnasiums im heutigen Maxhaus
Im Zuge der Säkularisation wurde der Franziskanerorden in Düsseldorf aufgelöst und das Klostergebäude in ein humanistisches Lyzeum nach französischem Vorbild umgewandelt. Das Gymnasium hatte in Düsseldorf bereits eine lange Tradition. Sie reicht bis ins Jahr 1545 zurück, als Herzog Wilhelm V. am Stiftsplatz die „Herzogliche Landesschule“ einrichtete, um den humanistisch und reformatorisch geprägten Bildungseifer zu fördern. Das Görres-Gymnasium an der Königsallee ist der heutige Nachfolger.
Sowohl auf der Normalschule als auch auf dem Lyzeum wurde Harry Heine von katholischen Geistlichen unterrichtet, denen er ein kleines literarisches Denkmal gesetzt hat:
Denn katholische Priester waren es, denen ich als Kind meinen ersten Unterricht verdankte; sie leiteten meine ersten Geistesschritte. Auch in der höhern Unterrichtsanstalt zu Düsseldorf, welche unter der französischen Regierung das Lyceum hieß, waren die Lehrer fast lauter katholische Geistliche, die sich alle mit ernster Güte meiner Geistesbildung annahmen; seit der preußischen Invasion, wo auch jene Schule den
Heinrich Heine: Geständnisse (1854)
preußisch-griechischen Namen Gymnasium annahm, wurden die Priester allmählig durch weltliche Lehrer ersetzt.
Heine besuchte das Gymnasium von 1809 bis 1814 und verließ es ohne Abschluss. Besonders gefördert wurde er von dem Theologieprofessor und Rektor Ägidius Jakob Schallmeyer, einem alten Freund der Familie von Heines Mutter. Er führte Harry in die empirische und idealistische Philosophie ein.
Unter den Schulfächern machte Harry vor allem die lateinische Grammatik zu schaffen. Im Kreuzgang des Maxhauses erinnert noch heute ein altes Kruzifix an den jungen Dichter, der sich vom Heiland ein wenig Beistand erhoffte:
In den dumpfen Bogengängen des Franziskanerklosters, unfern der Schulstube, hing damals ein großer, gekreuzigter Christus von grauem Holze, ein wüstes Bild, das noch jetzt zuweilen des Nachts durch meine Träume schreitet, und mich traurig ansieht mit starren, blutigen Augen – vor diesem Bilde stand ich oft und betete: O du armer, ebenfalls gequälter Gott, wenn es dir nur irgend möglich ist, so sieh doch zu, daß ich die verba irregularia im Kopfe behalte.
Heinrich Heine: Ideen. Das Buch Le Grand (1826)
7. Heine erleben: Das Heinrich-Heine-Institut der Landeshauptstadt Düsseldorf
Am 13. Dezember 1974 wurde im ehemaligen Palais der Fürstin Salm-Reifferscheidt-Krautheim an der Bilker Straße 14 das Heinrich-Heine-Institut eröffnet, das bis heute das weltweit einzige Museum für den Dichter Heinrich Heine beherbergt und auch Heines Zeitgenossen in Sammlung und Forschung einbezieht.
Seit 1988 gehört auch das benachbarte Haus Nr. 12 (vormals Dumont-Lindemann-Archiv) zum Heine-Institut, in dessen Erdgeschoss wechselnde Ausstellungen gezeigt werden. Mit seinem umfangreichen Literaturarchiv hat sich das Heine-Institut als eine der wichtigsten Anlaufstellen der internationalen Heine-Forschung etabliert.
Von 1975 bis 2009 leitete Joseph Anton Kruse das Heine-Institut und setzte sich unermüdlich für die Popularisierung Heines ein. Seine Nachfolgerin ist Sabine Brenner-Wilcek, die sich für eine familienfreundliche Vermittlung Heines und die Präsentation seines Werkes mit Hilfe digitaler Medien einsetzt.
Vorläufer des Heine-Instituts war das bereits 1906 eingerichtete Heine-Zimmer und Archiv. Den Namen Heinrich-Heine-Institut erhielt es von seinem Gründungsdirektor Eberhard Galley (1910-1994), dem ehemaligen Direktor der Landes- und Stadtbibliothek am Grabbeplatz, wo sich heute das K20, die Kunstsammlung des Landes Nordrhein-Westfalen für das 20. Jahrhundert befindet. Er wollte damit den wissenschaftlichen Charakter des Hauses unterstreichen, da er den Nachlass Heines für nicht ausstellungsfähig hielt. Doch damit irrte er sich, wie die neu konzipierte Dauerausstellung zeigt.
Sie befindet sich im ersten Obergeschoss und ist unter dem Titel „Romantik und Revolution“ ansprechend, modern und liebevoll gestaltet. Für ihren Besuch sollten Sie 60-90 Minuten einplanen. Daneben steht interessierten Heine-Freunden die reichhaltige Bibliothek kostenlos zur Verfügung (Anmeldung erforderlich). Für das Verständnis des nahe gelegenen Heinrich-Heine-Denkmals ist Heines Totenmaske das wichtigste Exponat des Museums. Sie bildet den Ausgangs- und Mittelpunkt der Denkmalkonzeption von Bert Gerresheim, über die Sie in meinem Beitrag über die Düsseldorfer Heine-Denkmäler mehr erfahren.
Am Ende der Bilker Straße befindet sich das Heine-Zitat an einer Hausfassade, das in den 1980er Jahren von einem namentlich nicht bekannten Düsseldorfer Künstler gestaltet wurde.
Wichtiger Hinweis: Verwechseln Sie die Bilker Straße nicht mit der Bolkerstraße, dem Standort des Heinrich-Heine-Geburtshauses!
Heinrich Heine war in Düsseldorf zuhause.
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Simone Pohlandt
Autorin und Gästeführerin auf Heines Spuren
Als leidenschaftliche Heine-Leserin schreibe ich über meinen Lieblingsdichter Heinrich Heine und tauche tief in sein faszinierendes Leben und Werk ein. Auf meinen Heinrich-Heine-Touren führe ich Sie auf den Spuren dieses außergewöhnlichen Dichters durch die Düsseldorfer Altstadt. Begleiten Sie mich auf eine literarische Reise durch Düsseldorf und entdecken Sie gemeinsam mit mir inspirierende Orte und Geschichten, die mit Heinrich Heine verbunden sind.